So simpel und doch stark: das Fahrrad
Weltweit gibt es mehr als eine Milliarde Fahrräder. Die Beliebtheit kommt von einem sehr effizienten und zugleich einfachen Aufbau. Ein Fahrrad besteht im Wesentlichen aus zwei Rädern, daher der Name „Bi-Cycle“. Die Pedale übertragen die Kraft über eine Kette zur Hinterradnabe. Ergänzt durch Gänge lässt sich die Muskelkraft fein dosieren. Diese mechanische Einfachheit ist das Ergebnis jahrhundertelanger Ingenieurskunst, die sehr gut zu unserem biologischen Bewegungsapparat passt.
Biomechanik — Gehen oder Radfahren?
Beim Gehen fallen wir im Grunde kontrolliert nach vorne und fangen uns bei jedem Schritt wieder ab. Die Beine machen große Bewegungen, arbeiten gegen die Schwerkraft und verbrauchen dabei viel Energie. Auch das ständige Schwingen der Arme über eine Stunde wäre ermüdend. Jeder Schritt endet in einer Mini-Kollision mit dem Boden, bei der Energie als Schall und Wärme verloren geht.
Beim Radfahren drehen die Beine dagegen in einem viel kleineren, kreisförmigen Zyklus. Anstatt Gliedmaßen anzuheben, rotieren Oberschenkel und Waden rhythmisch um die Pedale. Diese kompakteren Bewegungen senken den Energiebedarf deutlich und wandeln die Pedalkraft effizient in Vorwärtsbewegung um, weil der rollende Reifenkontakt keine Energie durch Aufprall verschwendet.
Warum Radfahren so effizient ist
Radfahren kann mindestens viermal energieeffizienter als Gehen und achtmal effizienter als Laufen sein. Das liegt daran, dass weniger Energie bei der Bewegung der Gliedmaßen, bei Aufprallkräften und durch muskuläre Geschwindigkeitsgrenzen verloren geht. Eine bekannte physikalische Beziehung – die „relation force-vitesse“ der Muskeln (die Kraft-Geschwindigkeits-Beziehung der Muskeln) – zeigt, dass Muskeln bei schnellerer Kontraktion weniger effizient werden. Durch die Wahl passender Gänge bleiben die Muskeln im günstigen Leistungsbereich, fast wie ein persönlicher Assistent, der die Last konstant anpasst.
Wo die Grenze liegt: Besonderheiten beim Radfahren
Trotz aller Vorteile hat das Radfahren Grenzen, vor allem bei sehr steilen Anstiegen mit mehr als 15 % Steigung. Bei solchen Extremen ist Gehen effizienter, weil die geradlinige, nach unten gerichtete Beinbewegung mehr Kraft erzeugen kann. Und nein — mit dem Fahrrad würde man nicht versuchen, den Mount Everest zu erklimmen.
Interessanterweise ist Radfahren bergab deutlich entspannter als Gehen. Beim Gehen führt jede steile Abwärtsbewegung zu scharfen Aufprallkräften, die Energie verschwenden und die Gelenke belasten.
Radfahren ist eine elegante Ergänzung der menschlichen Physiologie und eine gelungene Verbindung von biomechanischem Können und Ingenieurskunst. Wenn Sie das nächste Mal mühelos an einem Fußgänger vorbeifahren, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um diese menschliche Errungenschaft zu schätzen — eine Maschine, die sich wunderbar mit unseren biologischen Fähigkeiten verbindet.